Logos
„Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott. Im Anfang war es bei Gott. Alles ist durch das Wort geworden und ohne das Wort wurde nichts, was geworden ist.“ Mit diesen Sätzen beginnt der Prolog im Evangelium nach Johannes und wird seit rund 2.000 Jahren so überliefert.
Jedes Wort ist Teil einer Sprache. Wer jemals versucht hat, einen kurzen Text in eine andere Sprache zu übersetzen, kennt die damit verbundenen Schwierigkeiten. Denn Worte haben nicht nur eine einzige Bedeutung. Sie sind eingebettet in eine Kultur, die sich ständig ändert und weiterentwickelt. Damit ändert sich auch die „Konnotation“ von Worten, das, was jeweils „mitgemeint“ ist. Die Bibel wurde zuerst in griechischer Sprache aufgezeichnet, dann ins Lateinische übersetzt und heute lesen wir sie in der Einheitsübersetzung in deutscher Sprache. Ja, das griechische „Logos“ kann mit „Wort“ übersetzt werden. Es hat aber auch mit abstraktem Denken, mit Logik, Geist, Verstand und Vernunft zu tun. Ein Beispiel: Beim Übergang vom Kindergarten in die Schule werden in vielen Familien Suppeneinlagen gekauft, die als Buchstaben geformt sind. Spielerisch werden Kinder so mit Buchstaben vertraut. Zugleich ist diese Situation für den Wortsinn von „Logos“ hilfreich. Denn bevor ein Wort aus einigen Buchstaben am Tellerrand liegt, muss es eine Idee geben, welches Wort geschrieben werden soll und wonach der Löffel in der Buchstabensuppe sucht. So sind auch Idee, Geist und Logik ein Teil von „Logos“.
Noch erhellender ist die Ur-Sprache der Bibel, weil der Gott der jüdisch-christlichen Tradition spricht und handelt. Das hebräische Wort für Sprechen und Handeln ist „dabbar“, welches später ins Griechische mit „Logos“ übersetzt wurde. Die Übersetzung mit „Wort“ bringt Antwort ins Spiel und Verantwortung des Menschen. Der Schweizer Dichterpriester Kurt Marti schrieb dazu: „Gott, so denkt man oft, so verkünden Eiferer lauthals, sei Antwort. Spröder sagt die Bibel, dass er Wort sei. Und wer weiß, vielleicht ist er meistens Frage: Die Frage, die niemand sonst stellt.“